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Quitzow von Dietrich, Ritter, Herr auf Quitzövel, * 1366, E 6. 6. 1394 Berlin, + 1417 Herpke, Bez. Hildesheim. Der mit den schmückenden Beinamen „Zierde der märkischen Ritterschaft“, „Märkischer Löwe“, aber auch schlicht „Raubritter“, versehene Dietrich ist die historisch am besten dokumentierte und interessanteste Gestalt unter unseren Vorfahren im hohen Mittelalter. Er ist der Titelheld des Romans „Ritter und Rebell“ von Karl May, der ihm ein geschichtlich nicht belegtes Doppelleben als Räuberhauptmann („Der schwarze Dietrich“) andichtet. Indes sind auch seine urkundlich verbürgten Taten schrecklich genug, um gemäß seinem Lieblingsausspruch „seinen Namen furchtbar zu machen“, wenn er sie auch freilich nach seiner Überzeugung immer zu Recht verübt. In den Wirren unter den Wittelsbacher und Luxemburger Markgrafen hatten die Quitzow ihre politische und wirtschaftliche Macht zu fast landesherrlicher Stellung ausgebaut. Mit der Machtübernahme durch die Hohenzollern wurde die individuelle Freiheit des Adels zugunsten der Staatsmacht beschnitten und dagegen rebellierte Dietrich. Der Zusammenbruch seiner Revolte, die mit der Zerstörung seiner Burg Friesack 1414 endete, stellte die Weichen für die nächsten 500 Jahre: Die Hohenzollern wurden Kurfürsten, Könige und Kaiser, die Quitzow sind ausgestorben. Darüber hinaus ging und geht die Freiheit des Einzelmenschen gegenüber der Allmacht des Staates seither beständig zurück.
1384 tritt er noch gemeinsam mit seinem Vater Kuno (AL. 20/700768) auf, als sie Plothe belagern und besetzen.
1392 lernt er seine künftige Gemahlin Elisabeth Schenk von Landsberg kennen, als er sie aus der Gewalt von Straßenräubern befreit, von denen sie auf der Rückkehr von einer Wallfahrt nach Wilsnack überfallen worden war. Am 6. 6.
1393 wird in Berlin glanzvoll Hochzeit gefeiert.
1399 erstürmt er die Stadt Lenzen und übergibt sie an Caspar Gans von Putlitz (AL. 345956), der sie schon vor der Einnahme vom Markgrafen für 2000 Schock böhmischer Groschen (= 800 kg Silber) zum Pfand genommen hat. Silber war übrigens vor der Entdeckung Amerikas etwa vier mal wertvoller als nachher.
1400 beteiligt er sich an einer Fehde der Ruppiner Grafen von Lindow gegen die vom Schwiegervater seines Bruders Johann, dem Ritter Lippold von Bredow (AL. 17/87160) verteidigte Mark. Daraufhin legt Lippold das Kommando nieder.
1402 erobert er Straussberg und brennt es nieder, zwei Drittel der Einwohner kommen dabei um. In der gleichen Fehde gerät er aber in Gefangenschaft, aus der er sich mit 1000 Schock böhmischer Groschen freikaufen muss.
1404 wechseln seine in der Herrschaft Putlitz gelegenen Güter unter die Jurisdiktion der Mark Brandenburg, er wird in Berlin zum Anführer der Märker gegen die vorher mit ihm verbündeten Pommern bestellt und erobert diesmal Straussberg für Brandenburg. Als Oberbefehlshaber erhält er einen jährlichen Sold von 200 Schock Groschen und zusätzlich das von etwaigen Gefangenen erpresste Lösegeld. Im gleichen Jahr wird er Pfandherr von Schloss Bötzow.
1407 kauft er Schloss Köpenick. Er nimmt Herzog Johann von Mecklenburg-Stargard gefangen, muss ihn aber 13 Monate später gegen seinen Bruder Johann von Quitzow austauschen, der den Mecklenburgern in die Hände gefallen war.
1408 wird er für 400 Schock Groschen Pfandherr der bereits zweimal eroberten Stadt Straussberg und
1409 für 600 Schock Pfandherr der Stadt Rathenow gemeinsam mit seinem Bruder.
1410 überfällt letzterer Magdeburg, worauf Dietrich mit dem Erzstift einen Vertrag schließt, der auf Schutzgelderpressung hinausläuft: Er verspricht dem Erzbischof Schutz vor künftigen Plünderungen gegen die jährliche Entrichtung von einem Groschen pro Stück Rindvieh. Der Vertrag bringt genug ein, um vom Markgrafen Jobst Burg und Dorf Friesack für 2000 Schock Groschen zu kaufen. Er führt Krieg gegen die Herzöge von Sachsen und widersetzt sich dem Vermittlungsversuch Herzog Swantibors von Stettin. Schließlich wendet er sich auch noch gegen das seinem Schutz anvertraute Berlin, treibt den Bauern ihr Vieh weg und setzt 16 angesehene Bürger gefangen. Die Kriegszüge jener Zeit bestehen in der Regel daraus, dass das Vieh weggetrieben wird, die Bauernhäuser geplündert und anschließend abgebrannt werden. Befestigte Plätze werden meist umgangen und nach wenigen Tagen oder höchstens Wochen zieht man sich wieder auf seine Burg zurück. Das Fehderecht steht jedem Schildgeborenen (Adeligen) zu, er muss nur seinem Gegner drei Tage vor dem Überfall den Frieden absagen.
1411 widersetzt er sich der Berufung des Nürnberger Burggrafen Friedrich von Hohenzollern zum obersten Verweser der Mark und organisiert dagegen eine Verschwörung des brandenburgischen Adels.
1412 wird er dafür von Kaiser Sigismund in die Acht erklärt, aus der er sich bis zu seinem Lebensende nicht mehr befreien kann. Am 24. 10. besiegen seine mit Pommern verbündeten Truppen das Aufgebot Friedrichs am Kremmer Damm.
1413 verlaufen die von Herzog Ulrich von Mecklenburg vermittelten Friedensverhandlungen ergebnislos, Dietrich fällt im Gegenteil neuerlich in Magdeburg ein, das sich inzwischen mit Friedrich verbündet hat, und verfällt der Aberacht des Kaisers.
1414 hat Friedrich genug Alliierte aufgeboten, um alle Quitzowschen Schlösser gleichzeitig zu belagern, so dass keiner dem anderen zu Hilfe kommen kann. Als neues Belagerungsgerät hat er aus Thüringen eine große Donnerbüchse, später Faule Grete genannt, herbeischaffen lassen, die mit ihren etwa 100 kg schweren Steinkugeln auch bisher als uneinnehmbar geltende Burgen sturmreif schießt. Friesack wird von Dietrichs ehemaligem Verbündeten Ulrich Graf Lindow von Ruppin belagert und fällt am 11. Februar. Dietrich selbst kann nach Pommern entkommen, seiner Familie wird freier Abzug nach der schwiegerväterlichen Burg Seyda gestattet. In diesem Februar verlieren die Quitzow 24 Schlösser und alle ihre Besitzungen. Auch in Pommern ist der „märkische Löwe“ den Landesherren wegen der über ihn verhängten Aberacht nicht sehr willkommen, doch kann er sich noch an den Fehden der Familien von Wedel (AL. 17/87146) und von Borcke (AL. 17/87144) aktiv beteiligen.
1415 kämpft er mit den Wedels erfolglos gegen den Deutschen Orden. Im August stellen ihm die Pommern-Herzöge „Freiwillige“ zur Verfügung, mit denen er in der Mark einfällt, nebst vielen anderen Dörfern die Stadt Nauen niederbrennt, und viel Vieh nach Pommern wegtreibt. Kurz darauf tritt er in den Dienst der Mecklenburger und verwickelt sich in ihren Bruderkrieg gegen die Fürsten von Werle. Er wird dort sogar trotz Aberacht mecklenburgischer Rat und Vogt von Wredenhagen, ein Beweis für die sehr beschränkte Reichsgewalt des Kaisers.
1416 finden wir ihn in Magdeburg, dessen Erzbischof Günther inzwischen wieder mit dem Kurfürsten Friedrich im Streit liegt. Dietrich verheert nun mit Günthers Truppen Brandenburg und Sachsen und macht seinen Namen erneut furchtbar.
1417 trägt er im Frühjahr im Auftrag Günthers den Krieg noch einmal in die Nieder-Lausitz, gegen den Markgrafen von Meißen, doch schließen die Fürsten kurz darauf miteinander Frieden beim Konzil von Konstanz und Dietrich wird entlassen. Gleichzeitig stirbt seine Gemahlin (an der Pest?), er fühlt sich nutzlos und ausgestoßen, obwohl erst 51 Jahre alt, ist seine Lebenskraft gebrochen. Er zieht sich zu seinem Schwager Heinrich von Veltheim (AL. 352160) nach Harpke zurück und haust dort noch kurze Zeit als Einsiedler, so genannter Waldbruder, in einer Köhlerhütte, wo er im gleichen Jahr verstirbt. Seine Nichte Hedwig ist Priorin des nahe gelegenen Klosters Marienborn, wo er neben seiner geliebten Elisabeth seine letzte Ruhestätte findet. 20) 84) 105)
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